Der heutige Welttag des Buches ist ein Feiertag für alle, die das Lesen und die Bücher lieben. Die Katalanen beispielsweise schenken sich jedes Jahr am 23.04. (dem Namenstag des Volksheiligen St. Georg) nach alter Tradition Bücher und Rosen. Das Team von »We read Indie« überrascht Euch heute mit einer wundervollen Neuigkeit!
Wir haben uns Uwe von Kaffeehaussitzer und Jochen von lustauflesen.de mit »ins Boot« geholt und die Aussicht auf viele neue Buchempfehlungen gleich mit dazu. Wenn Ihr jetzt hier lesen werdet, was beide über sich erzählen, könnt Ihr Euch vorstellen, wie glücklich wir über ihre Zustimmung sind, hier mitzumachen.
Vorhang auf!
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Uwe Kalkowski | Kaffeehaussitzer
Wer bist du und worüber bloggst du?
Mein Name ist Uwe Kalkowski und als »Kaffeehaussitzer« blogge ich über Literatur und Leseerlebnisse. Seit über zwanzig Jahren bin ich in der Buchbranche tätig, war Buchhändler in Freiburg, habe Verlagswirtschaft in Leipzig studiert und arbeite jetzt als Marketingleiter eines Fachverlags in Köln.
In Zeiten des digitalen Wandels sind die Entwicklungen gerade im Bereich der Fachmedien eine sehr spannende Sache; gleichzeitig liebe ich es, mich über Literatur auszutauschen und so entstand mein Blog »Kaffeehaussitzer«. Denn wie viele Stunden meines Lebens ich Bücher lesend in Kaffeehäusern und Cafés verbracht habe, weiß ich nicht. Sehr viele auf jeden Fall. Ort und Tätigkeit gehören für mich untrennbar zusammen.
Auf »Kaffeehaussitzer« stelle ich Bücher und Texte vor, die ich gerne gelesen habe. Die mich begeistert, inspiriert, bewegt, fasziniert oder nachdenklich gemacht haben. Die mir etwas bedeuten. Thematisch reicht dabei die Bandbreite von Gegenwartsliteratur über Klassiker und Krimis bis hin zu Sachbüchern vor allem zu historischen Themen.
Was bedeutet Indie für dich?
»Independent« hat übersetzt mehrere Bedeutungen: unabhängig, eigenständig, individuell. Und genau dafür stehen für mich Independent-Unternehmen, nicht nur in der Verlagsbranche. Es bedeutet für mich, die Dinge mit Herzblut umzusetzen und dabei nicht auf Konzernvorgaben achten zu müssen, nicht immer betriebswirtschaftlichen Zwängen unterworfen und der Gewinnmaximierung verpflichtet zu sein, experimentierfreudig neue Wege zu gehen, Dinge auszuprobieren.
Wobei ich damit nicht sagen möchte, dass in großen, etablierten Verlagshäusern keine Herzblut-Titel erscheinen, die gibt es dort auch. Und natürlich freuen sich auch die Independents immer über einen Bestseller, aber das Augenmerk liegt eben nicht nur darauf; es geschieht eher zufällig, nicht durch eine Marketingmaschinerie. Independents können Schätze heben, an denen andere vorbeilaufen. Oder Entdeckungen erst zu Schätzen machen.
Welches Indiebuch liegt dir derzeit am Herzen? Und welches ist dein All-Time-Favorite-Indiebook?
Diese Frage ganz präzise zu beantworten ist schwer. Zwei Indiebücher, die mich in den letzten zwölf Monaten nachhaltig beeindruckt haben, sind Der Grund von Anne von Canal aus dem mare Verlag und Winters Knochen von Daniel Woodrell aus dem Liebeskind Verlag. Sehr unterschiedliche Handlungen, aber beide haben mich emotional mitgerissen mit all ihrer Tragik, Trostlosigkeit und Härte, aber auch dem Fünkchen Hoffnung, das durchscheint. Wenn es ein einziges All-Time-Favorite-Indiebook gäbe, dann hätte Der Grund beste Chancen, dies zu werden.
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Jochen Kienbaum | lustauflesen.de
Wer bist du und worüber bloggst du?
Vor mehr als einem halben Jahrhundert wurde ich in die Familie Kienbaum hineingeboren und erhielt den schönen Rufnamen Jochen. Von Beruf bin ich Fernsehreporter beim rbb in Berlin, aber aus Berufung Literaturblogger bei »lustauflesen.de«. Unter dieser Domain spuke ich seit dem Sommer 2000 durchs Netz, habe aber als Blogger erst vor gut zwei Jahren wieder richtig Fahrt aufgenommen.
Ich balanciere auf der Borderline zwischen bibliophil und biblioman, widme mich der gehobenen Belletristik, aber auch den Klassikern. Neben Neuerscheinungen nehme ich immer wieder auch ältere Titel aus der Backlist ins Visier und mitunter sogar Antiquarisches. Literatur darf bei mir alles, abseitig sein, vertrackt, experimentell, süffig oder sperrig. Nur eines darf sie nicht, mich langweilen.
Was bedeutet Indie für dich?
Bekanntlich steht der Begriff »independent« für unabhängig. In Geist und Meinung sind Künstler per se unabhängig. Konsequent streben viele Künstler aber auch größtmögliche Freiheit und Unabhängigkeit in der Vermarktung ihrer Werke ein. So haben sich in der Musik, der bildenden Kunst, der Mode, aber auch in der Literatur die »Indies« gegründet. Frei zu sein von Marktzwängen und großen Konzernstrukturen, so lautet ihr bewundernswertes Credo, bewundernswert deshalb, weil es eben auch heißt, mitunter frei zu sein von finanzieller Sicherheit.
Der unbedingte Glaube der »Indies« an ihre künstlerischen Produkte beeindruckt mich und ich bewundere stets aufs neue, wieviel Mut und Herzblut in ihrer Arbeit steckt. Die kleinen unabhängigen Verlage liebe ich, weil sie wie freche Schnellboote zwischen den großen Frachtern und Tankern, die zweifelsohne auch wichtig sind, umherwuseln und eine wohltuende Unruhe verbreiten. So gesehen ist auch mein bescheidener Blog »indie«. Denn dort bin ich frei und unabhängig, zu tun und zu lassen, was ich will (ausser zu langweilen vielleicht).
Bewußt wahrgenommen habe ich die verlegerische Indie-Szene erst vor wenigen Jahren. Ausschlaggebend war nicht zuletzt eine ausführliche Diskussion im Kommentarbereich von »We read Indie«. Seitdem schätze ich die Indies mehr und mehr. Stets aufs neue finde ich bei ihnen, abseits des großen Stroms der Moden, aktueller Trends und Themen, großartige literarische Texte und liebevoll gestaltete Bücher. Was nicht heißt, dass diese Bücher dem Puls der Zeit nicht nachspüren, im Gegenteil.
Welches Indiebuch liegt dir derzeit am Herzen? Und welches ist dein All-Time-Favorite-Indiebook?
Beispiele zu nennen fällt schwer, ist doch jede Auswahl unfair gegenüber all den anderen Büchern, die zu nennen auch wert gewesen wären. Nun denn, drei picke ich heraus. Derzeit bin ich bis über beide Ohren versunken in Frohburg dem großen Heimat-Jahrhundert-Lebens-Roman von Guntram Vesper. Ein sehr spezielles Lesevergnügen, das ich dem unabhängigen Frankfurter Verlag Schöffling & Co. verdanke.
Etwas zurück liegt bereits die Lektüre von Vater und Sohn unterwegs von Heđin Brú, ein Indie-Titel, der mich bis heute innerlich begleitet und bewegt. Wiederentdeckt und ins Deutsche geholt hat diesen Texte eines der Nationaldichter der Färör-Inseln der Berliner Guggolz Verlag. Scherzhhaft nennen ihn einige den »Verlag der toten Dichter«, denn das Aufspüren großer, verstorbener und auch vergessener Autoren ist sein Programm. Zwei Bücher erscheinen pro Halbjahr, die ich jedesmal blind kaufe, denn enttäuscht haben mich Sebastian Guggolz und sein Verlagsteam noch nie, aber immer wieder überrascht. Für engagierte, unabhängige und umtriebige Verlage wie diesen schätze ich die Indie-Szene.
Ein dritter Liebling noch, dann ist Schluß: binooki muss ich nennen. Dort verlegen die Schwestern Selma Wels und Inci Bürhaniye aktuelle türkische Literatur in deutscher Sprache. Tolle Literatur, 100% klischeefrei. Punkt.
Ein e fürs „Visir“!
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Merci. Ist korrigiert.
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