Zuerst war dieser Beitrag als die übliche Vorschau auf das Frühjahr geplant. Wir haben alle die Vorschauen durchstöbert, unsere Favoriten heraus gesucht und ein paar von ins haben dazu etwas geschrieben, um euch diese wunderbaren Frühjahrstitel ebenfalls zu empfehlen. Doch die Absage der Leipziger Buchmesse, die ja vor allem für die kleinen und/oder unabhängigen Verlage enorm wichtig ist, hat dem fröhlichen Vorhaben einen herben Dämpfer versetzt. Zum dritten Mal nacheinander fällt nun diese Messe dem Pandemiegeschehen zum Opfer, obwohl man dieses Jahr ausdrücklich sagen muss, nicht nur. Denn viele kurzfristige Absagen, vor allem großer Publikumsverlagen, haben eine Ausführung in diesem Jahr, ja selbst einen digitalen Ersatz, unmöglich gemacht. Und wer leidet wieder darunter? Die Frage haben wir ja oben benatwortet.
Doch für uns ergibt sich daraus eine „Jetzt erst recht“-Mentalität und deshalb möchten wir diesen Beitrag auf dem Blog noch in die Social Media – Kanäle weiter tragen und jedem einzelnen Buch und den entsprechenden Verlagen den nötigen Raum geben, um sich etwas entfalten zu können. Diese Bücher, die wir hier vorstellen, sind alle entweder ganz neu oder noch nicht erschienen. Behaltet die also auf eurem Schirm, geht in die Buchhandlungen eures Vertrauens und kauft dort diese Werke (und natürlich noch viele andere aus den unzähligen anderen tollen Verlagen). Für eine vielfältige Verlagslandschaft und vielfältige Literatur.
Und hier noch der ursprüngliche Einleitungstext:
Wie so viele aus der Buchwelt schauen auch wir zweimal im Jahr ganz genau hin. Und zwar wenn die Vorschauen der Verlage eintrudeln. Damit ihr aber auch die Chance habt, zeitnah die Bücher auch zu erwerben, die manche Vorschau schon im Dezember anpreist,warten wir lieber ab bis der gefühlte Frühling mit dem realen korreliert. Zumindest wenn man in manchen Teilen Deutschlands hinschaut, scheint der Frühling schon fast da zu sein.
Wir haben uns als Team also den Vorschauen gewidmet, jeder bei seinen Lieblingsverlagen, und ein paar von uns haben die für sich kommenden Highlights notiert und ein paar Worte dazu aufgeschrieben. Wie jedes Frühjahr und jeden Herbst sollte für jede und jeden etwas dabei sein. Viel Spaß beim Durchstöbern und Entdecken.

| „Ist hier das Jenseits, fragt Schwein“ | Noemi Somalvico | Voland & Quist Verlag | 144 Seiten | 18 Euro | bereits erschienen |
Der kleine schmale Debütroman von Noemi Somalvico überzeugt mich bereits durch das grafische Cover und einem Titel, der sehr neugierig macht. Schwein ist etwas trübselig, doch zum Glück hat Dachs einen selbstgebauten Apparat parat, mit dem man plötzlich in der Wohnung von Gott sitzt. Schwein, Dachs und Gott sprechen über Gott und die Welt und dazwischen entsteht ein kleines bisschen Glück. Welch Glück also, dass das Bändchen schon neben mir liegt (ET war bereits am 24. Januar 2022) und direkt als nächstes gelesen werden kann. | Dieses Buch empfiehlt Marina.
| „Connect“ | Thea Mengeler | Leykam Verlag | 304 Seiten | 24 Euro | erscheint am 14.02. |
Es ist schwer vorzustellen, dass ein zeitgenössischer Roman ganz ohne eine Auseinandersetzung mit digitalen Realitäten auskommt, wenn er versucht das Abbild einer Gesellschaft, Mentalität usw. zu sein. Das Frühjahrsprogramm hält dafür ein paar sehr schöne Sachen bereit, fand ich. In Thea Mengelers Debütroman Connect folgt man der Designerin Ava zu einer Sekte, die ihre Mitglieder aus der Realität hinaus, in eine Verbundenheit und ein vielleicht paradiesisches Leben in der digitalen Gemeinschaft führen will. Es ist schwer zu übersehen, wie relevant dieses Thema gerade für alle geworden ist und man darf gespannt sein, wie fein die Erzählerin an diese Technikgläubigen heranführt, die wir ja im Grunde selbst alle sind. | Dieses Buch empfiehlt Alexander.
| „Eine Nebensache“ | Adriana Shibli | Bergenberg Verlag | a.d. Arabischen von Günther Orth | 128 Seiten | 22 Euro | erscheint am 15.03. |
Der Spitzentitel von Berenberg erzählt vom Leben in Palästina unter der Vorherrschaft Isreals. Dabei verknüpft Shibli die Vergewaltung und Ermordung eines jungen Mädchens durch israelische Soldaten im Sommer 1949 mit dem Schicksal einer jungen Frau als Ramallah, die Jahre später versucht, mehr darüber herauszufinden. Dass die Vergewaltigung 25 Jahre, auf den Tag genau, vor ihrer Geburt begangen wurde, scheint nicht die einzige Verbindung zwischen den beiden zu bleiben. Auf Englisch ist dieser Roman bereits erschienen (“Minor Detail” bei Fitzcarraldo Editions), stand letztes Jahr auf der Longlist für den Man Booker International Prize und wurde u.a. in The Guardian und der New York Review of Books hochgelobt. | Dieses Buch empfiehlt Katharina.
| „Herumtreiberinnen“ | Bettina Wilpert | Verbrecher Verlag | 266 Seiten | 25 Euro | erscheint am 08.03. |
Mit „Nichts, was uns passiert“ hat Bettina Wilpert ein fulminantes Debüt über eine vermeintliche Vergewaltigung und dessen Folgen für alle Beteiligten hingelegt. Nun, knapp 4 Jahre später folgt ihr zweites Buch und es widmet sich erneut weiblichen Perspektiven in drei verschiedenen Epochen, die aber alle ein verbindendes Element haben. Hier ist ganz sicher spannend, wie die Autorin die unterschiedlichen Zeitläufte mit dem Leben als junge Frau in dieser Zeit in Verbindung bringen wird. | Dieses Buch empfiehlt Marc.
| „Zoo. Briefe nicht über Liebe, oder Die Dritte Heloise“ | Viktor Schklowski | a. d. Russischen von Olga Radetzkaja | Guggolz Verlag | 170 Seiten | 22 Euro | erscheint am 28.02. |
Im März erscheint im Guggolz Verlag eine ganz besondere Briefsammlung. „Briefe nicht über die Liebe“ heißt es im Untertitel und genau davon steckt doch so viel in diesem Buch. Viktor Schklowski hat sich Anfang 1923 in Berlin in eine Frau verliebt. Nur bleibt diese Liebe unerwidert. Und so schreibt Schklowski Brief um Brief um Brief an seine Angebeteten. Nur eben keine Liebesbriefe. Er erzählt von seinem Alltag in Berlin, von der Kunst, von Russland und von der Politik. Wie viel Liebe dahinter steckt, erfahren wir bald durch die Übersetzung von Olga Radetzkaja. | Dieses Buch empfiehlt euch Marina.

| „Die Realität kommt“ | Rudi Nuss | Diaphanes | 272 Seiten | 24 Euro | erscheint am 15.03. |
Die Virtuelle Realität, die in Thea Mengelers Roman als Heilsversprechen dient, hat sich im Roman Die Realität kommt von Rudi Nuss bereits vollständig etabliert. Aber die Suche nach Glück findet auch nach dem endgültigen Wechsel in die VR kein Ende. Zwischen Elektroschrott und scheinbar morphenden Szenerien begeben sich die drogenliebenden Jugendlichen auf die Suche nach einer Utopie-VR, und man darf gespannt sein, wenn er beim Verlag Diaphanes erscheint, der sich ja wie kaum anderer um die Postmoderne bemüht. | Dieses Buch empfiehlt euch Alexander.
|„Die ungeduldigen Frauen“|Djaïli Amadou Amalou | a. d. Französischen von Ela zum Winkel | Orlanda Verlag |250 Seiten|18 Euro| erscheint am 01.03. |
Nachdem der Orlanda Verlag im letzten Jahr mit Tsitsi Dangarembga, die Preisträgerin des Friedenspreis des deutschen Buchhandels, verlegt hat, habe ich die Frühjahrsvorschau sehr gespannt durchgeblättert. Tatsächlich war es schwer, mich auf einen Titel festzulegen, aber Djaïli Amadou Amalous Roman hat es mir besonders angetan. Die Autorin verfolgt drei Frauenschicksale im Norden Kameruns. Themen wie Zwangsheirat, Polygamie und häusliche Gewalt zeichnen “das Zeugnis einer traurigen Realität”. | Dieses Buch empfiehlt euch Katharina.
|„Aulaskimo“ | Arne Ulbricht | Edition Outbird | 172 Seiten | 16 Euro| bereits erschienen |
Für Marc ein neuer Verlag, der sich in sein Bewusstsein geschlichen hat und er probiert eine Veröffentlichung aus diesem für den kommenden Frühling aus. Arne Ulbrichts Aulaskimo klingt nach einem Horroszenario für alle, die selber Kinder haben. Ob Marc das aushalten wird? Hier wird aber anscheinend noch mehr verhandelt als das Verschwinden zweier Kinder, denn über die Suche nach ihren Kindern kommen die Eltern der beiden ins Nachdenken über ihr bisheriges Leben und ob alles so in Ordnung ist, wie es bisher gelaufen ist. | Dieses Buch empfiehlt euch Marc.
| „Keine Lilien“ | Laura M. Neunast | Re:Sonar Verlag |112 Seiten | 12 Euro | bereits erschienen |
Kein Debütroman, weil kein Roman, ist Laura M. Neunasts Buch über den Suizid eines geliebten Menschen. Neunast, die in ihrem Gedichtband schon die Frage nach Liebe in Zeiten der Depression verfolgt hat, widmet sich in einer Textcollage nicht nur der eigenen, sondern der Depression eines Andern. Gerade die Zunahme von digital fatigue und Depression im postindustriellen Zeitalter fordert im Grunde unkonventionelle Stimmen und Formen, um die ungewöhnlichen Umstände zu fassen. Wenn der Mensch sich nur ans Gewesene erinnert, wird er barmherzig, heißt es einmal in einem Film von Andrei Tarkowksij. Und so ist ein Buch gerade darüber zu erwarten. Wie auch der erste Text wird das Buch im re:sonar verlag erscheinen. Sehr gespannt! | Dieses Buch empfiehlt euch Alexander.

| „Japan für Anfänger“ | Pico Iyer | a. d. Englischen von Beatrice Faßbender | Berenberg Verlag |264 Seiten | 24 Euro | erscheint voraussichtlich im Mai |
Auch im erzählenden Sachbuch wurde ich als großer Japan-Fan fündig: Pico Iyer, der als Sohn indischer Eltern in Oxford aufgewachsen ist, soll seinem Ruf als “einer der großen Reiseschriftsteller unserer Zeit” mit diesem Buch alle Ehre machen. Er berichtet von seinen mehrfachen Reisen nach Japan und der manchmal fast mysteriös anmutenden japanischen Kultur. Aber glücklicherweise bleibt er dabei kein Außenstehender, sondern lässt auch Gespräche mit japanischen Freund:innen einfließen. | Dieses Buch empfiehlt euch Katharina.
| „153 Formen des Nichtseins“ | Slata Roschal | Homunculus Verlag | 256 Seiten | 22 Euro | erscheint Ende Februar |
Der Homunculus Verlag ist jederzeit für eine faustdicke Überraschung gut. Man sollte sich aber auch gewahr werden, dass man bei diesem Verlag immer sehr skurrile Geschichten bekommt. So etwas wird einen sicher auch bei „153 Formen des Nichtseins“ erwarten und noch viel mehr. Es geht um Fragen der Identität und Zugehörigkeit. Ein Debütroman in kleine Geschichten unterteilt, erneut aus dem Osten Europas, dem sich der Verlag in den zurückliegenden Jahren sehr oft zugeswandt hat. | Dieses Buch empfiehlt euch Marc.
| „Sieben utopische Dinge“ | Sarah Claire Wray| Parasitenpresse |50 Seiten | 10 Euro | bereits erschienen |
Zuletzt noch ein kleiner Band, der so schmal ist, dass er leicht übersehen wird, uns aber wieder hinaus auf die Straßen bringt und sich dem Asphalt und den Städten zuwendet. Vermeintlich echten und zumindest greifbaren Dingen, für die das Internet letztendlich nur eine Metapher geworden ist, in der wir schon halb leben, im Abbild des Abbilds, usw. | Dieses Buch empfiehlt euch Alexander.
| „Alles ist Arbeit: Mühe und Lust am Ende des Kapitalismus“ | Mareike Pfannenbecker & James A. Smith | a. d. Englischen von Mareile Pfannenbecker | Edition Nautilus |224 Seiten | 18 Euro | erscheint am 21.03. |
Auf der Suche nach neuen Sachbüchern werde ich bei den Flugschriften der Edition Nautilus in jedem Programm fündig. Auch das Frühjahr 2022 ist dabei keine Ausnahme. In “Alles ist Arbeit” beleuchten Mareile Pfannebecker und James A. Smith das Konzept der “Lebensarbeit”: Jede Facette unseres Lebens sei mittlerweile mit der Arbeit verbunden, ob wir das wollen oder nicht. Ob das so sein muss und wie es anders aussehen könnte, erklären die beiden mit Hilfe von Soziologie, Philosophie, Politik, Popkultur und persönlichen Berichten. | Dieses Buch empfiehlt euch Katharina.

| „Gute Nacht, Tokio“ | Atsuhiro Yoshida | a. d. Japanischen von Katja Busson | Cass Verlag | 228 Seiten | 22 Euro | erscheint voraussichtlich März |
Die Stadt Tokio ist eine faszinierende Metropole. Auf der einen Seite zieht sie einen durch ihre gigantischen Ausmaße regelrecht an. Zum anderen ist der Lebensstil der Japaner ein besonderer. Beides scheint in diesem Buch, ein Episodenroman zusammenzukommen und meinem Faible für japanische Literatur, das ich seit einigen Jahren entwickelt habe, regelrecht zu entsprechen. Wenn dieses Buch dann noch aus dem Cass Verlag kommt, kann nichts mehr schief gehen. | Dieses Buch empfiehlt euch Marc.
| „Unser Haus dem Himmel so nah“ | Shahla Ujayli | a. d. Arabischen von Christine Battermann | Kupido Verlag | 320 Seiten | 28 Euro | erscheint voraussichtlich Ende Februar |
Sich als Frau im arabischen Raum als Autorin einen Namen zu machen, ist schon eine Leistung. Für diese Werke dann auch noch ausgezeichnet zu werden, ist die Krönung. „Unser Haus dem Himmel so nah“ ist Ujaylis dritter Roman, stand auf der Shortlist des Arabic Boiler Prize und behandelt die Geschichte Syriens über ein ganzes Jahrhundert bis hin zu der gegenwärtigen Katastrophe, die das Land seit vielen Jahren in seinem Würgegriff hat. Der Literatur aus dem arabischen Raum sollte man viel mehr Aufmerksamkeit schenken (wie auch allen anderen Ländern, die einem exotisch vorkommen), warum also nicht mit diesem Buch? | Dieses Buch empfiehlt euch Marc.
| „Blinder Spiegel“ | Salih Jamal | Septime Verlag | 120 Seiten | 18 Euro | erscheint am 01.03. |
Der letzte Roman von Salih Jamal war auf der Hot Liste. Bis jetzt gingen mir all seine Romane unter die Haut und noch tiefer. „Der blinde Spiegel“ spielt in Paris. Elle und Lui begegnen sich in einem Café und somit beginnt ihre obsessive Affäre. Er wechselt die Städte und Flughäfen immer dann, wenn ihm das Leben zu eng wird. Sie ist die Frau eines Unternehmers, der in die Politik drängt und sie zu oft über lange Zeit allein zurücklässt.Dieser Roman verspricht kein happy End, aber dafür viel Gefühl, Schmerz und eine tragische Liebe. | Dieses Buch empfiehlt euch Katrin.
| „Sommerjungs“ | Emmanuelle Baymack-Tam | a. d. Französischen von Christian Ruzicska | Secession Verlag | 400 Seiten | 25 Euro | erscheint voraussichtlich Ende März |
Dieser Roman ist eine Mischung aus einem Surfthriler und einer Familientragödie. Thadée und Zachée, schön wie junge Götter, brillante Studenten, zwei Brüder aus gutem Hause und strahlend kraftvolle Surfer: Sie glauben, der Sommer ihres Lebens ende nie – dieser leuchtende Sommer zwischen mächtigen Wellen, aufschäumender Gischt und dem pudrigen Licht des Meeres. Tahdée jedoch, von einem Hai verstümmelt, findet sich jäh seiner so begnadeten Existenz beraubt. Eifersucht und bissiger Neid treiben ihre Wurzeln in ihm. Der plötzliche Tod von Zachée gibt der Familie den Gnadenstoß, die nun, von Thadées Schicksal bereits erschüttert, langsam, aber sicher in den Sog des Wahnsinns driftet. Dieser Schmöker verspricht nicht nur Drama, sondern auch viel Spannung. | Dieses Buch empfiehlt euch Katrin.