Einzigartige Editionen bei der Büchergilde

Die Büchergilde hat in den letzten neun Jahrzehnten immer wieder einzigartige und zugleich sehr wichtige Editionen ins Programm genommen. In diesem Beitrag möchte ich Euch einige, wenige vorstellen.

Graphic Journey – Reiseberichte der anderen Art

Ganz neu und pünktlich zum Jubiläum startet eine ganz besondere Edition: Graphic Journey. SebastianSebastian Lörscher Lörscher, Illustrator und Autor, hat mit seinem Band „Making Friends in Bangalore“ schon für einigen Wirbel in den deutschen Medien (Zeit Online, Deutschlandradio) gesorgt und wurde jetzt sogar für das schönste deutsche Buch 2014 nominiert. Herstellungsleiterin Cosima Schneider erinnert sich: „Die Idee zu einer Buchreihe von sehr persönlichen Reiseberichten bekam ich durch ein Gespräch mit Sebastian Lörscher auf der Frankfurter Buchmesse. Er zeigte mir zwei beeindruckende Exposés, in denen er auf faszinierende Weise zeichnerisch über seine Erfahrungen mit Land und Leuten auf Haiti und in Indien erzählt.“ und erklärt: „Wir haben uns bei der Graphic Journey ganz bewusst gegen ein fest gebundenes Buch entschieden um etwas von der Beweglichkeit des Unterwegsseins auch schon haptisch erfahrbar zu machen. Papier, Druck und die Verarbeitung dieses Buches sind von traditionell hoher Qualität.  Gekrönt wird diese Broschur mit einem Rundumfarbschnitt, der nach wie vor in Handarbeit aufgetragen wird.“

Die Graphic Journeys sollen sporadisch erscheinen und neue Perspektiven auf Land und Leute aufzeigen. Bereits für den Herbst 2015 ist die Veröffentlichung einer weiteren Ausgabe geplant. Wieder wird ein Illustrator auf sehr persönliche Weise durch fremde Länder führen. Ich muss gestehen, dass mich dieser Band wirklich fasziniert hat. Die vielen liebevollen, gestalterischen Details verbunden mit einem witzigen, quirligen Indien-Eindruck sind ein Muss für alle, die das Reisen lieben, die Fernweh und ein Feingespür für Ästhetik haben.

Die Verschwiegene Bibliothek

Verschwiegene BibliothekDie ersten beiden Titel dieser einmaligen Reihe erschienen 2004, also über zehn Jahre nach dem Ende der Deutschen Demokratischen Republik. Zehn Bände sind es geworden, zehn Texte, die aus  dem „Archiv unterdrückter Literatur in der DDR“ entstammen. Dieses Archiv stellt Vor- und Nachlässe von Autoren bereit, deren schriftstellerische Arbeiten während der DDR-Zeit nicht erscheinen durften. „Als authentische Zeugnisse gehören sie zu einer bislang kaum wahrgenommenen literarischen Gegenwelt, die den thematischen, formal-ästhetischen, letztlich politischen Vorgaben an die Literatur trotzte und aus diesen Gründen unbenannt bleiben und ins Vergessen gedrängt werden sollte.“ So wurden diesen Künstlern zum ersten Mal eine öffentliche Stimme gegeben. Die Herausgeber Ines Geipel und Joachim Walther, die das „Archiv unterdrückter Literatur in der DDR“ auch gründeten, versuchten mit den zehn Ausgaben ein großes Spektrum an ostdeutsche Literatur darzustellen. Jeder Band wird in einem Nachwort zeitgeschichtlich eingeordnet und enthält zudem biografische Daten zum Autor/zur Autorin.

In dieser Edition wurden veröffentlicht: Radjo Monk: Blende 89 /Edeltraud Eckert: Jahr ohne Frühling / Gabriele Stötzer: Ich bin die Frau von gestern / Heidemarie Härtl: Puppe im Sommer / Ralf-Günter Krolkiewicz: Nirgends ein Feuer mehr / Thomas Körner: Das Grab des Novalis / Henryk Bereska: Kolberger Hefte / Silvia Kabus: Weißer als Schnee / Günter Ullmann: Die Wiedergeburt der Sterne nach dem Feuerwerk

Bibliothek Exilliteratur

1985 erschien mit Anna Seghers Transit das erste Buch in der Bibliothek Exilliteratur. „… wirklich eineBibliothek Exilliteratur verdienstvolle und notwendige Sache“, schrieb Fritz J. Raddatz in der Zeit zum Start der von Hans-Albert Walter herausgegebenen Reihe. 40 Jahre (!) hat es gedauert, dass man sich diese Literatur im größeren Maßstab annahm. Endlich wurden wichtige Werke der Nazi-Kriegsjahre einer Generation zugänglich gemacht, die den Zweiten Weltkrieg nicht miterlebt hatte. Viele Autoren, die in dieser Edition aufgenommen wurden, fielen einst der Bücherverbrennung zum Opfer, gingen später ins Exil und schrieben von dort gegen Ohnmacht, Angst und Wut. Viele wurden vergessen.

Hervorzuheben ist die vielfach preisgekrönte Aufmachung und der ausführliche Kommentar-Anhang, der oft sogar als eigene Broschüre im Schuber mitgeliefert wird. „Wobei unter „Kommentar“ nicht akademisch trockene Belehrungen zu verstehen sind, sondern Essays, die – obwohl von Fachleuten und auf dem letzten Stand der Forschung – doch für Leser geschrieben wurden: Nachworte, die das Verständnis vertiefen, das Vergnügen erhöhen und manchmal selber spannend sind wie ein Detektivroman.“

Bei dieser Edition steht die historische Authentizität im Mittelpunkt, so werden ausschließlich die Erstausgaben der Exilzeit verwendet. In der Bibliothek Exilliteratur sind erschienen (teilweise aber bereits vergriffen):

Egon Erwin Kisch: Landung in Australien / Arnold Zweig: Das Beil von Wandsbek / Anna Seghers: Transit / Ernst Weiss: Der Augenzeuge / Lion Feuchtwanger: Waffen für Amerika / Joseph Roth: Tarabas / Alexander M. Frey: Himmel und Hölle / Gustav Regler: Die Saat / Alfred Döblin: Das Land ohne Tod / Egon Schwarz: Keine Zeit für Eichendorff / Ernst Fischer: Erinnerungen und Reflexionen / Irmgard Keun: Nach Mitternacht / Arthur Koestler: Sonnenfinsternis

Die Tollen Hefte

Die tollen HefteSeit 2001 erscheinen die witzigen und unkonventionellen kleinen Lektürehappen bei der Büchergilde. Die Tollen Hefte werden seit 2013 von der Illustratorin und Autorin Rotraut Susanne Berner herausgegeben. Sie war mit Armin Abmeier, dem Erfinder und Herausgeber der Tollen Hefte, verheiratet und übernahm nach seinem Tod im Juli 2012 auf seinen Wunsch die Herausgabe. Bisher sind 28 Hefte, davon 15 im MaroVerlag, ab Heft 16 bei der Büchergilde Gutenberg erschienen. Sie erscheinen im Format A5, sind fadengehftet und werden im Original-Flachdruck-Graphik, ähnlich der Lithographie, gedruckt. Als besondere Beigabe enthalten sie einen Druck mit ausgewählten Motiv.

Bisher gestalteten ATAK, Rotraut Susanne Berner, Sophie Dutertre, Wolf Erlbruch, Anke Feuchtenberger, Anselm Glück, Moritz Götze, Yvonne Kuschel, Max, Thomas M. Müller, Volker Pfüller, Axel Scheffler, Stefanie Schilling, Katrin Stangl und Henning Wagenbreth Texte von Charles Bukowski, Uli Becker, Gottfried Benn, T.C. Boyle, Marco Denevi, Ernst Herbeck, Atte Jongstra, A.L. Kennedy, Michael Ondaatje, Oskar Pastior, Dmitri A. Prigow, Walter Serner, Gertrude Stein und Peter Wawerzinek. Auf der eigenen Website und dem Blog kann man sich ausführlich über die Liebhaberstücke informieren.

Die vier vorgestellten Reihen sind nur ein Bruchteil der existierenden Editionen. Zu erwähnen ist natürlich auch die Bibliothek von Babel. Die Edition Weltlese, herausgegeben vom Schriftsteller Ilija Trojanow „entführt in entlegene Lesewelten – geografisch, inhaltlich, sprachlich, kulturell. Weiße Flecken auf der Literaturlandkarte werden aufgespürt, Pfade jenseits der bekannten Lesewege bieten neue Blickwinkel, andere Kulturen laden zur Begegnung ein. Unentdeckte Autorinnen und Autoren, ungewöhnliche Themen und vergessene Kleinodien – eine Reise in ferne Welten voller Überraschungen.“ Die Edition Zeitkritik trägt mit Texten von bekannten Autoren zur aktuellen Debatte bei und die KultKrimis versammeln die Klassiker und jenseits des Mainstreams.

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