Fabian Thomas über den neuen E-Verlag shelff

Am kommenden Samstag, 30. November, feiert der neugegründete Berliner E-Book-Verlag shelff seine erste Buchpremiere. Dieses schöne Ereignis nehmen wir zum Anlass, um euch den Verlag kurz vorzustellen. Ich habe dazu einen der Gründer, Fabian Thomas, interviewt.

shelff

Fabian Thomas, geboren 1983 in Trier, studierte deutsche und amerikanische Literaturgeschichte in Bonn und München und arbeitet als freier Redakteur und Blogger in Berlin. Er ist Herausgeber des Kulturblogs The Daily Frown, bloggt für die Buchhandlung ocelot und ist Mitgründer der unabhängigen digitalen Verlagsplattform shelff, die im Mai dieses Jahres ins Leben gerufen wurde.

Wir gratulieren zu eurem Verlag! Wie ist die Idee entstanden?

Die verbindende Idee bei der Gründung von shelff war, einen digitalen Verlag ins Leben zu rufen, der großartige Bücher macht – aber eben digital first. Damit wollten wir den aktuellen Entwicklungen in der Buchbranche Rechnung tragen, die technischen Möglichkeiten voll ausschöpfen – und letztlich war auch ein wenig Abenteuerlust und Experimentierfreude dabei.

Wie herausfordernd war der Weg von der Idee zur Gründung?

Ich denke, eine der großen Herausforderungen war das grundlegende Umdenken – wir kommen alle aus der analogen Verlagswelt und mussten uns selbst erst damit vertraut machen, was es heißt, ohne Druckerei, Vorschaukatalog, ja sogar ohne Büro zu arbeiten. Gleichzeitig war das aber auch sehr befreiend. Ich glaube, ich würde heute keinen klassischen Verlag mehr gründen wollen.

Für was steht die Bezeichnung shelff?

Da ist natürlich erst einmal das Wortspiel drin, das shelf, Buchregal, mit anklingen lässt, aber da die digitale Welt ja keine Bretter mehr hat, steht das ff am Schluss, also Fast Forward, das Folgende, das Schauen nach dem, was als Nächstes kommt.

Warum habt ihr euch für einen reinen E-Book-Verlag entschieden?

Wir arbeiten digital first und wollen alle Vorteile des digitalen Publizierens ausschöpfen:  Es ist in einem klassischen Verlag kaum möglich, ein Buch vier Wochen nach Manuskriptabgabe fertigzustellen. Das geht im E-Book. Außerdem setzen wir auf eine starke Vernetzung der Autoren untereinander, was schnellen Input und Titelideen ohne langwierige Programmkonferenzen möglich macht.

Worin seht ihr die Vor- und Nachteile des Digitalen?

Wir sind zwar ein E-Book-Verlag, sehen uns aber nicht als komplett losgelöst von der analogen Welt: Es wird für unsere ersten beiden Titel, die jetzt im Dezember erscheinen, Releaseparties in einer Galerie und einer Bar geben. Beide Titel erscheinen mit einem eigenen Artwork, das man separat als Druck erwerben kann. Das direkte Erleben, der Kontakt zum Leser und auch eine künstlerische Komponente, wie durch hochwertige, gedruckte Artworks, ist für uns etwas, das im Digitalen nicht so gut funktioniert. Daher wird es shelff auch immer zum Anfassen geben.

Mit welchen Hürden musstet ihr kämpfen?

Aller Anfang ist schwer. Ohne ein gemeinsames Büro zu arbeiten, bedarf einer gewissen Gewöhnungszeit, und dann ist es auch gar nicht so klar gewesen, wie unser Verlagsname lautet (es gibt eine ganze Liste von Namen, die wir wieder fallen gelassen haben) und wie wir visuell in Erscheinung treten wollen. Aber damit fühlen wir uns inzwischen ganz wohl.

Wer gehört zum Verlagsteam?

Das Verlagsteam besteht aus Wolfgang Farkas, Andreas L. Hofbauer, Jörg Reichardt und mir. Wolfgang und Andreas bündeln momentan Presse und Lektorat, Jörg kümmert sich um die visuelle Gestaltung, mein Thema ist Social Media und Vertrieb.

Wie sieht euer verlegerischer Schwerpunkt aus?

Wir haben uns keinem bestimmten Genre wie Popkultur oder New Journalism verschrieben. Alles, was wir für relevant und bedeutsam für unsere Gegenwart halten, ist shelff. Das schließt Originalausgaben mit ein, genauso wie die Wiederentdeckung und Neuveröffentlichung vergessener Autoren, die man so nicht mehr lesen kann.

istanbulnotizenAuf welche Titel dürfen wir uns in eurem Herbstprogramm freuen?

Wir starten mit zwei E-Books: Mely Kiyaks „Istanbul Notizen“, einer Art Reisetagebuch wider Willen, denn Mely Kiyak war im Sommer als Stipendiatin in Istanbul und ist dort unabsichtlich mitten in die enzensberger_stufenGezi-Proteste hineingeraten. Ein funkensprühender, sehr frischer Text! Außerdem veröffentlichen wir als Debüt die Erzählungen von Katharina Enzensberger, „Stufen“. Hier kann man eine Autorin wirklich entdecken: Katharina Enzensberger erzählt von fernen Kindheiten in der frühen Bundesrepublik, freier Liebe in den siebziger Jahren, sehr klug, sehr präzise und mit einem deutlichen Hang ins Surreale.

Wo kann man eure E-Books kaufen?

Auf allen üblichen Plattformen, ab nächster Woche werden beide Titel online sein.

Die Klappentexterin dankt Fabian für das Interview und wünscht shelff viel Erfolg!

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