Weihnachtswunschzettelvergrößerung

Jedes Jahr vor Weihnachten steht immer die große Frage im Raum: Was verschenke ich dieses Jahr? An Bücher denken heutzutage die wenigsten, dabei ist es zum Beispiel in Island Tradition, dass jeder jedem ein Buch schenkt (Jólabókaflóð).

Wir von We Read Indie wollen dieser Tradition ein klein wenig Vorschub leisten und euch ein paar Titel aus den unabhängigen Verlagen ans Herz legen, damit ihr sie verschenken oder euch selbst unter den Weihnachtsbaum legen könnt. Pünktlich zum Nikolaustag haben wir euch dazu eine bunte Auswahl zusammengestellt, bei der hoffentlich für jede*n etwas dabei ist. Alle Redakteure und Redakteurinnen haben in ihre Bücherregale und eigenen Wunschzettel geschaut, um euch spannende, interessante Titel zusammenzustellen.

Es sind neuere Bücher dabei, aber auch die Backlist wollen wir nicht aus dem Blick verlieren. Ein paar haben wir euch schon vorgestellt und den Link zur Besprechung (wenn bereits vorhanden) eingefügt. Lasst die Herzen von Bücherfreund*innen höher schlagen!

Und nun Vorhang auf für unsere Weihnachtswunschzettelverlängerungsliste.

PS: Natürlich freuen wir uns auch über Buchtipps von euch. Schreibt dafür gern einfach einen Kommentar unter diesen Beitrag.

Tipps von Nicole

Susan Hill
Stummes Echo
Aus dem Englischen von Andrea Stumpf
Kampa
176 Seiten
18 Euro

Auf einem abgelegenen Hof im Norden Englands lebt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Familie Prime. Das einzige der vier Geschwister, das den Absprung in die Stadt schafft, veröffentlicht ein Buch über die Familie, das den anderen den Atem raubt, kann doch eigentlich nicht stimmen, was er da behauptet. Wie weit trägt die objektive Wahrheit, wo beginnt die emotionale, wo die Phantasie? Eine Novelle, die in keine Schublade passt, subtil und spannend.

Hier geht es zur Besprechung von Nicole.

Elizabeth Taylor
Blick auf den Hafen
Aus dem Englischen von Bettina Abarbanell
Dörlemann
384 Seiten
24 Euro

Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist im englischen Küstenstädtchen Newby quälend wenig los. Nach und nach gucken wir in die Häuser der Bewohner*innen, die sich alle untereinander kennen, sich nicht aus den Augen lassen, und deren Geschichten verquickter sind, als man anfangs meint. Die Erzählstimme gleitet elegant von einem Bewusstsein ins andere, wir lernen alle Figuren von innen heraus kennen, ihre Hoffnungen und Illusionen, Ängste und Nöte, ihre Einsamkeit und ihre Träume. Impressionistisch, leicht, ironisch und klug – eine wunderbare Lektüre!

Tipps von Julia

Jan Christophersen
Ein anständiger Mann
mare Verlag
352 Seiten
24 Euro

Zwei Paare in einem kleinen Häuschen auf einer windumtosten Insel: Jan Christophersen hat ein Kammerspiel aus Liebe und Lust, Philosophie und Pilzvergiftung gestrickt, an dessen Ende nichts ist wie zuvor.

Rupert Thomson
„Never anyone but you“
secession Verlag
414 Seiten
26 Euro

Krieg und Frieden, Surrealismus und Liebe: Rupert Thomson erzählt von der unverwüstlichen Beziehung zweier mutiger Frauen und entfaltet gleichzeitig ein Panorama der Kunstgeschichte bis Mitte des 20. Jahrhunderts.

Henry Beston
Das Haus am Rand der Welt
Aus dem Amerikanischen von Rudolf Mast
mare Verlag
224 Seiten
32 Euro

Der neu aufgelegte Klassiker des „nature writing“ überzeugt auch fast 90 Jahre nach Entstehen noch mit seinen punktgenauen Betrachtungen von Wind, Wellen, Flora und Fauna, die Beston einst in seinem kleinen Häuschen in Cape Cod machte.

Tipps von Marc

Richard Lorenz
Amerika-Plakate
Edition Phantasia
276 Seiten
22 Euro

Wenn es für mich einen Autor gibt, dessen Werke in die Weihnachtszeit passen, ohne darin zu spielen, dann sind es die Bücher von Richard Lorenz. Melancholisch, Lebensbejahend (obwohl der Tod oft eine Rolle spielt) und sprachlich ein Kleinod. Wer sich mal etwas anderes, abseitiges gönnen möchte, der macht mit diesem Buch nichts falsch.

Ae-Ran Kim
Mein pochendes Leben
Aus dem Koreanischen von Sebastian Bring
cass Verlag
320 Seiten
24 Euro

Ein Buch, welches mit Tränengarantie daher kommt. Ein Junge, der viel zu schnell altert und schon in jungen Jahren ein Greis ist. Der Körper liegt im Sterben, der Geist ist aber noch kindlich. Humorvoll und traurig zugleich.

Hier geht es zur Besprechung von Marc.

Juan Gomez Barcena
Kanada
Aus dem Spanischen von Steven Uhly
Secession Verlag
192 Seiten
20 Euro

Das sprachlich wohl beste Buch der letzten Monate, wird die innerliche Odysee eines Mannes beschrieben, der die Grausamkeiten eines KZ überlebt hat und sich dann in sich selbst zurückzieht. Kein einfacher Stoff, aber es lohnt sich und regt zum Nachdenken an. Kurzum: Meisterwerk!

Hier geht es zur Besprechung von Marc (noch auf seinem eigenen Blog Lesen macht glücklich).

Tipps von Kathrin

Tatsächlich habe ich bereits sehr viele Autorinnen besprochen, so dass „die Männer“ übrig geblieben sind, die ich euch aber unbedingt für euren Wunschzettel empfehlen möchte. SOLLTET ihr tatsächlich noch nicht „Pixeltänzer“ von Berit Glanz gelesen haben oder die wunderbaren Autorinnen der #autorinnenschuber noch nicht kennen, werft unbedingt einen Blick darauf!

Robertson Davies
Der Fünfte im Spiel
Dörlemann Verlag
416 Seiten
25 Euro

Ein Schneeball bringt diese Geschichte um mehrere Familien ins Rollen. Erzählt wird in einer Rückschau aus Sicht des pensionierten Direktors Dunstable Ramsay, eine Abbitte und Rechtfertigung für sein Leben. Der erste Teil einer Trilogie des kanadischen Autors Robertson Davies gilt als Klassiker der kanadischen Literatur. Zuerst veröffentlicht 1970 und wiederentdeckt vom Dörlemann Verlag, liest sich dieses Buch ganz wunderbar. Davies arbeitet viele psychologische Details ein, da er sich zeitlebens neben seiner Professur in Literatur und Kreatives Schreiben in Torono mit Psychologie beschäftigte.

Marc Bensch
Die unverhoffte Genesung der Schildkröte
Carpathia Verlag
304 Seiten
20 Euro

Fünf Glücksritter und eine fake news, die aus Versehen wahr ist, lehnen sich gegen den Autoren auf. Ich hatte sehr viel Spaß beim Lesen. Zuerst wird eine scheinbar alltägliche Verstrickungen zwischen Stadtverwaltung und Wirtschaft erzählt, die ein Lokaljournalist aus Versehen aufdeckt, und dann wird es kurios, bis der Erzähler uns um Hilfe bittet. Viel Drive, viel Spaß.

Max Czollek
Grenzwerte
Verlagshaus Berlin
116 Seiten
17,90 Euro

Soll ich, soll ich nicht … diesen Titel auf einen Weihnachtswunschzettelbeitrag packen? Für ein bisschen Streit und Diskurs und Lyrik unterm Weihnachtsbaum? Ja, ich will unbedingt, dass dieser Titel oft verschenkt und gelesen wird. Das Konzept Lyrik als Selbstermächtigung ist spannend und in diesem Buch zeigt sich, was Lyrik alles sein kann. Hier werden Orte, Geschichte und (die deutsche) Art, Geschichte zu machen, von Czollek ausgelotet. Wer „Desintegriert euch!“ gelesen hat, kann den Gedanken hier weiter nachgehen, neue Wege beschreiten und am besten viel darüber diskutieren.

Tipps von Britta

Damit die etwas abgefahreneren Bücher für die experimentierfreudigen LeserInnen unter uns auch ihren Spaß unterm Baum haben, hier ein paar Indies, die ich allen ans Herz legen möchte.

Karl Ristikivi
Die Nacht der Seelen
(aus dem Estnischen von Maximilian Murmann)

Guggolz Verlag
373 Seiten
24 Euro

Ein ebenso wilder wie literarischer Ritt durch ein Haus – der in nichts einem Franz Kafka nachsteht. Es geht um die Existenz, um die Unsicherheit, um zwischenmenschliche Begegnungen, um literarische Referenzen, um das Verlorensein, um das Sichwiederfinden. Es ist ein Versatzstück, bei dem man sich konzentrieren muss, das einen fordert und das umso mehr Spaß macht.

Sandra Newman
Ice Cream Star
(aus dem Englischen von Milena Adam)
Matthes & Seitz
667
Seiten
28 Euro

Eine Epidemie hat den Großteil der Menschheit ausgelöscht. Die unerschrockene Heldin, der Ice Cream Star, macht sich in einer Tour de Force auf die Suche nach einem Gegenmittel. Dieses Buch ist wahnsinnig irrmächtig, weil man sich als LeserIn darauf einlassen muss. Die Übersetzerin hat ein Meisterwerk abgeliefert, indem sie eine stark verkürzte Fantasiesprache ins Deutsche übertragen hat – in die man finden muss, für die man arbeiten muss, die einen aber auch belohnt und nicht so schnell wieder loslässt. Ein Geschenk, das im Kopf hängenbleibt, auch wenn man es wieder zugeklappt hat.

Tipps von Juliane 

Kirstine Reffstrup
Ich, Unica
(aus dem Norwegischen von Elke Ranzinger)

Nord Verlag
227 Seiten
22 Euro

Wer gern literarische Fantasien über reale, historische Persönlichkeiten liest, dem empfehle ich dieses Buch. Ich, Unica erzählt die Geschichte eines Paares, das es wirklich gegeben hat. Der Roman erzählt von der Künstlerin und Autorin Unica Zürn (1916-1970) und ihrem Partner, den Maler Hans Bellmer (1902-1975). Erschienen ist dieses Werk in wunderschöner Gestaltung im kleinen Nord Verlag, den es lohnt, noch weiter zu entdecken.

Lucia Zamolo
Rot ist doch schön
Bohem
96 Seiten
14,95 Euro

Ob für die pubertierende Nichte, den griesgrämigen Onkel oder die beste Freundin – dieses Buch sollte jede*r mal gelesen und vor allem gesehen haben. Autorin und Illustratorin Lucia Zamolo hat mit Rot ist doch schön nicht nur einen nötigen Appell dafür geschrieben, offener über die Menstruation zu reden. Sie verpackt dies auch noch auf sehr witzige Weise mit detailverliebten Zeichnungen.

Tipps von Stefan

Berit Glanz
Pixeltänzer
Schöffling & Co.
256 Seiten
20 Euro

Manchmal gibt es Bücher, die kommen einem so nah, dass man es kaum glauben will. Pixeltänzer von Berit Glanz ist genau so eines. Es fängt die Gegenwart ein und bringt sie spielerisch zum Tanzen mit einer gehörigen Portion großstädtischer Lethargie, einer tollen Hauptfigur und kleinen Codeschnipseln. Ein super Geschenk nicht nur, aber vor allem für Nerds wie mich. 

Hier geht es zur Besprechung von Stefan.

Frank Rudkoffsky
Fake
Voland & Quist
240 Seiten
20 Euro

Wenn’s zu Weihnachten etwas düsterer sein soll, dann empfehle ich den Debütroman von Frank Rudkoffsky. Fake erzählt eindrücklich von Internet-Trollen und dem Phänomen Regretting Motherhood. Packend und erschütternd werden die Effekte beleuchtet, die ein Kind auf das Leben eines Paars haben kann. Warnung: Keine leichte Kost – vor allem für Paare mit Kinderwunsch –, aber die Lektüre lohnt sich!

Hier geht es zur Besprechung von Stefan.

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