Der Blick in den Bücherherbst der Indies – 2021 Edition

Wie so viele aus der Buchbranche und den ganzen Buchblogs haben auch wir uns als Team hingesetzt und die Vorschauen der unabhängigen Verlage für den kommenden Herbst gewälzt, um für euch ein paar interessante Titel heraus zu fischen und kurz vorzustellen. Auch wenn draußen aktuell der pure Sommer in all seinen Facetten tobt, bietet der Herbst wieder spannende Aussichten und interessante Blicke auf die kommenden Neuerscheinungen.

Doch bevor wir euch unsere ganzen wunderbaren Tipps vorstellen möchten, noch ein paar Worte in eigener Sache. In den zurückliegenden Monaten, insbesondere bei solchen Sammelbeiträgen wie dem vorliegenden oder dem Indiebookday, kamen immer wieder Fragen auf, was den nun einen unabhängigen Verlag ausmacht. Nun, diese Frage ist nicht ganz so einfach zu beantworten und wir wollen uns nicht ständig auf die Kurt-Wolff-Stiftung berufen, wo diese Kriterien festgehalten sind beziehungsweise sollten wir die Standards, die von den Gründer*innen des Blogs festgeschrieben wurden, einfach mal überarbeiten. Daher werden wir im Hintergrund ein wenig an unseren Kriterien arbeiten, woran wir für uns persönlich festmachen, was wir als Indieverlag sehen und das auch versuchen, so zu kommunizieren. Wir werden uns dabei an den Kriterien der Kurt-Wolff-Stiftung orientieren und daraus unsere eigenen kreieren. Solange wir das aber noch nicht getan haben, werden wir auch bestimmte Verlage noch nennen, die in den letzten Monaten immer wieder für Diskussionen gesorgt hatten.

Und nun: Viel Spaß beim Entdecken der Indienovitäten des Herbstes 2021, vom gesamten Team zusammen gestellt.

Auf diese Bücher freut sich Katharina Herzberger

Kayo Mpoyi: Mai bedeutet Wasser
Nach „Das Alphabet der Puppen“ und „New York Ghost“ hat CulturBooks die nächste spannende Übersetzung im Programm: „Mai bedeutet Wasser“ ist ein moderner Bildungsroman über das Aufwachsen mit einem streng gläubigen Vater in Tansania. Der Roman erzählt von Unschuld, Erfolgssuche, Familiengeschichte und würde in Schweden als bestes Debüt des Jahres ausgezeichnet.|Aus dem Schwedischen von Elke Ranzinger|CulturBooks, 216 Seiten|20 Euro |September 2021|

Laura Späth: About Shame
Die Verlagsgründung von &Töchter aus München beobachte ich seit der ersten Branchenmeldung gespannt. Nun liegt ihr erstes Programm vor und schon der erste Titel „Great Green Thinking“, finanziert durch Crowdfunding, ist ein ästhetisches und thematisches Highlight. Wenn „About Shame“ von Laura Späth, ein erzählendes, teils autobiografisches Sachbuch über Scham in unserer Gesellschaft, nur halb so gut ist, bin ich begeistert.|&Töchter|288 Seiten| 18 Euro|26.07.2021.

Tyson Yunkaporta: Sand Talk. Das Wissen der Aborigines und die Krisen der modernen Welt
Tyson Yunkaporta, Angehöriger des im australischen West Cape York beheimateten Apalech-Clans und Professor für Indigenes Wissen, zeigt laut Klappentext auf, „wie indigenes Wissen die Welt retten kann“. Im Mittelpunkt stehen dabei eine symbiotische Beziehung zur Natur und Nachhaltigkeit, über die westliche Kulturen Vieles aus dem marginalisierten Wissen der Aborigines lernen können.|Aus dem Englischen von Dirk Höfer|Matthes & Seitz|320 Seiten|28 Euro|02.09.2021|

Bryan Washington – Dinge, an die wir nicht glauben
Seit der Veröffentlichung von Bryan Washingtons erstem Roman in den USA (Originaltitel: „Memorial“) und der überwältigend positiven Resonanz habe ich einen Blick auf dieses Buch geworfen. Nun erscheint diese Geschichte über ein schwules Paar in Houston, ihre Beziehungskonflikte und, gelinde gesagt, schwierige Beziehung zu den Eltern einer der beiden endlich auf Deutsch.|Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence |Kein & Aber|384 Seiten|24 Euro|17.08.2021|

Auf diese Bücher freut sich Katharina Severa

Wow, diese üppige Fülle an Neuerscheinungen! Da weiß man gar nicht, wohin man sich zuerst wenden soll… Und doch: Zwei der vielen wundervollen Herbstnovitäten können sich meiner Aufmerksamkeit zweifelsfrei sicher sein!

Fernanda Melchor: Paradais
Das ist zum einen „Paradais“ der mexikanischen Autorin Fernanda Melchor (übersetzt von Angelica Ammar), der mit dem Roman „Saison der Wirbelstürme“ vor zwei Jahren hierzulande ein fulminanter Erfolg beschieden war und mit dem sie es im vergangenen Jahr in Großbritannien auf die Shortlist des International Booker Prize schaffte. Wieder geht es um ein Gewaltverbrechen, wieder dürfte es inhaltlich wie verbal rabiat und finster zugehen. Fernanda Melchors schonungsloser Erzählstil ist bisweilen belastend, aber auch einmalig und daher fiebere ich „Paradais“ geradezu entgegen.|aus dem mexikanischen Spanisch von Angelica Ammar|Wagenbach Verlag| 144 Seiten| 18 Euro| ca August 2021|

Kim Thúy: Großer Bruder, kleine Schwester
Der zweite Roman, der mit absoluter Gewissheit den Weg zu mir finden wird, ist „Großer Bruder, kleine Schwester“ von Kim Thúy (übersetzt von Brigitte Große). Meine erste Begegnung mit Thúy hatte ich im vergangenen Sommer und seither habe ich mit absoluter Begeisterung alle ihre bisher auf Deutsch erschienenen Bücher gelesen. Sie handeln stets von Menschen, die – wie die Autorin selbst – zwischen verschiedenen Kulturen aufgewachsen sind und sich als Erwachsene auf die Suche nach ihrer Identität begeben. So auch in „Großer Bruder, kleine Schwester“, in dem Thúy die Operation Babylift aufgreift, bei der südvietnamesische Kinder in die USA und andere Länder ausgeflogen und in Adoptivfamilien untergebracht wurden. Viele davon wissen bis heute nicht, wer ihre leiblichen Eltern sind.|Übersetzt von Brigitte Große|Verlag Antje Kunstmann|155 Seiten|20 Euro, 15.09.2021|

Christa Winsloes: Das Mädchen Manuela
Keine Neuheit, sondern eine Wiederauflage ist Christa Winsloes (1888–1944) autofiktionaler Roman „Das Mädchen Manuela“, ein Welterfolg aus den dreißiger Jahren, der 1958 mit Romy Schneider und Lilli Palmer verfilmt wurde und seinerzeit viel Aufsehen erregte. Buch wie Film sind mir unbekannt, aber ich habe ein Faible für Wiederentdeckungen und daher steht „Das Mädchen Manuela“ weit oben auf meiner Favoritenliste in diesem Leseherbst. Der Roman erzählt die Geschichte der titelgebenden Manuela, die nach dem Tod der Mutter in ein Mädcheninternat gesteckt wird, in dem eine militärische Ordnung herrscht. Bisher mit vielen Freiräumen aufgewachsen, tut sie sich im neuen Umfeld schwer und ist unglücklich. Einziges Licht in dieser finsteren Zeit ist ihre Lehrerin Fräulein von Bernburg, in die sie sich schon bald verliebt. Als sie diese Liebe öffentlich gesteht, sorgt sie damit für einen Eklat, in dessen Folge ihr der Kontakt zu von Bernburg verboten wird.|Lenos Verlag|295 Seiten| 12,90 Euro|31.08.2021|

Auf diese Bücher freut sich Marc

Zu Beginn der Sichtung der Herbstvorschauen dachte ich, dass ich nicht viele Bücher auswählen werde. Doch da lag ich komplett verkehrt und hatte am Ende 33 Bücher in der Endauswahl. Damit ihr an dieser Stelle nicht überfrachtet werdet mit Herbstnovitäten, habe ich mir persönlich vier Bücher aus diesem ganzen Sammelsurium ausgesucht, die ich euch für den Herbst unbedingt ans Herz legen möchte. Wer noch ein paar Empfehlungen mehr haben möchte, den verweise ich auf meinen eigenen Blog Lesen macht glücklich, wo ich neben diesen vier Büchern noch ein paar zusätzliche Herbstnovitäten vorstellen möchte (klick – Link wird nachgereicht).  

Flavius Ardelean: Der Heilige zwischen den Welten
Wer diesen Blog letztes Jahr aufmerksam gelesen hat, dem wird ein Buch aus dem Homunculus-Verlag besonders aufgefallen sein. Auf dem Cover ein paar Strichmännchen und eine Geschichte, die an beste Gruselzeiten erinnert. Dabei aber trotzdem einen eigenen Charakter entwickelt. Die Rede ist von „Der Heilige mit der roten Schnur“ von Flavius Ardelean.  Was habe ich für Freudensprünge getan, als im Frühjahr der zweite Band von einer Trilogie (?) für den Herbst angekündigt wurde. Ohne groß zu überlegen, würde ich euch dieses Buch sofort ans Herz legen. Ich mache es auch bei mir ohne Nachzudenken. Wenn „Der Heilige zwischen den Welten“ auch nur ansatzweise so gut erzählt ist wie der Erstling, dann wird es ein Jahreshighlight. Während das erste Buch noch recht schmal daher kam, bekommen wir mit dem zweiten Teil über 500 Seiten volle Gruselpower. |Aus dem Rumänischen von Eva Ruth Wemme|Homunculus Verlag|ca 500 Seiten|26 Euro|23.09.2021|

Martin von Arndt: Wie wir töten, wie wir sterben
Martin von Arndts Trilogie um den Kommissar Andreas Eckardt, die komplett im Ars Vivendi Verlag erschienen ist, habe ich mit Genuss gelesen. Insbesondere die ersten zwei Teile wusste enorm zu begeistern. Sie spielten zwar in zwei völlig verschiedenen Dekaden, zeigten aber auf, wie gut von Arndt Politthriller konzipieren kann. Nun kommt ein neues Buch, welches losgelöst von Andreas Eckardt eine neue Geschichte um die Nebenfiguren schreibt, die um den Kommissar herum gewirkt haben. Ich bin gespannt, wie von Arndt diese zwei Figuren durch die politischen Spannungen zweier Länder führt, die sich Anfang der 1960er Jahre noch nicht grün sind.|Ars Vivendi Verlag| ca 250 Seiten|18 Euro|29.10 2021

Ellis Avery: Tage des Rauchs
Der 11.September wird sich in diesem Jahr zum 20.Mal jähren. Dieses Ereignis, das die unbeschwerten 1990er mit einem unglaublichen Knall beiseite fegte und eine Zeit des Terrors und der Angst einläutete. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, die damals erschienene vierteilige Spiegelreportage „Sie werden auf unseren Gräbern tanzen“ nochmal zu Gemüte zu führen und kein Buch dazu zu lesen, die in diesem Jahr sicher massenhaft den Markt überschwemmen werden. Doch Ellis Averys Buch „Die Tage des Rauchs“ aus dem Lilienfeld Verlag verspricht eine eher intimere Annäherung an dieses Ereignis, das uns noch heute prägt und auch noch auf Jahrzehnte prägen wird. |Aus dem amerikanischen Englisch von Alex Stern|Lilienfeld Verlag| ca 140 Seiten |18 Euro|Juli 2021 |

Christine Rinderknecht: Sieben Jahre mit dem Japaner
Was machen Gegenstände mit uns, die wir zufällig in Familienbesitz finden und die uns eine Geschichte zu erzählen haben von Verwandten, die lange vor uns gelebt haben. Finden wir etwas über sie heraus oder bleiben diese vor uns verschlossen? Und was macht so eine Reise mit uns, selbst wenn wir keine Erkenntnisse über die Vergangenheit bekommen, jedoch in der Gegenwart ganz viel lernen. Genau in diese Richtung scheint Christine Rinderknechts Roman „Sieben Jahre mit dem Japaner“ zu gehen, das im Verlag Die Brotsuppe erscheint. Da ich in den zurückliegenden Jahren, auch dank dem Cass Verlag, Literatur aus oder über oder mit Japan lieben und schätzen gelernt habe, freue ich mich auch auf solche zarten Geschichten, wie diese. |Verlag die Brotsuppe|304 Seiten|27 Euro|

Auf diese Bücher freut sich Mareike

Katharina Volckmer: Der Termin
Mich hat überzeugt, dass Ian McEwan gesagt hat: „Katharina Volckmer ist eine Draufgängerin erster Güte“. Der Roman soll radikal sein und hinreißend schön — das muss ich mir genauer ansehen.|Aus dem Englischen von Milena Adam|Kanon Verlag|144 Seiten|20 Euro|

Ruska Jorjoliani: Drei Lebende, drei Tote
Ruska Jorjoliani ist eine italienische Autorin mit georgischen Wurzeln, allein diese Tatsache finde ich spannend. Ihr Buch ist offenbar ein „ironisch-scharfsinniger Familienroman“, diese Kombination hat es mir angetan.|Aus dem Italienischen von Barbara Sauser|Rotpunkt Verlag|24 Euro|25.08.2021

Auf diese Bücher freut sich Marina 

Eduardo Lage: Brooklyn soll mein Name sein
Ich muss zugeben, wenn ich Vorschauen durchblättere, lasse ich mich sehr von der Optik der Cover beeinflussen, ob ich bei einem Buch länger verweile. Das hat „Brooklyn soll mein Name sein“ auf jeden Fall mit der nostalgischen Aufnahme von Coney Island geschafft. Hinzu kommt eine vielversprechende Geschichte rund um einen Schriftsteller auf der Suche nach seiner verschwundenen Liebe. Könnte vielleicht etwas kitschig sein, doch die Auszeichnung mit dem spanischen Literaturpreis Premio Nadal spricht dann doch für sich. Für Bücher, die in New York bzw. in diesem Falle in Brooklyn spielen, kann ich mich außerdem immer erwärmen. |aus dem Spanischen von Guillermo Aparicio
| Kröner Verlag | 500 Seiten | 25 Euro | 20.09.2021 |

Nataša Kramberger: Verfluchte Misteln
Gut, meine Cover-Fixierung funktioniert nicht immer, wobei ich für das spezielle Design vom Verbrecher Verlag viel übrig habe. „Verfluchte Misteln“ hat mich eher durch den Titel neugierig gemacht. Denn Misteln mach ich schon sehr gerne. Warum die Protagonistin des Romans diesen anscheinend nicht so viel abgewinnen kann, erfahre ich dann im September. Außerdem  finde ich den Aspekt der Rückkehr in die Heimat und in diesem speziellen Falle die Aufgabe des eigentlichen Berufes, um den Hof der Mutter zu übernehmen, sehr spannend.  | aus dem Slowenischen von Liza Linde | Verbrecher Verlag | ca. 280 Seiten| 22 Euro | 15.09.2021 |

Gabriele Tergit: So war`s eben
Die große Familienchronik „Effingers“ von Gabriele Tergit steht seit kurzem in meinem Bücherregal und wird ganz sicherlich diesen Sommer noch gelesen. Umso mehr erfreut es mich, dass im August ein Buch aus dem Nachlass der Autorin erscheint. Damit erfüllt sich der Wunsch von Gabriele Tergit, die nach „Effingers“ noch einmal einen großen Roman schreiben wollte. Auch in „So war’s eben“ steht das Leben einer Familie im Mittelpunkt, die wir von 1898 bis in die 1950er begleiten. Ich bin gespannt, ob es Gabriele Tergit gelungen ist, die beiden Romane unterschiedlich genug aufzubauen.  | Schöffling Verlag | 624 Seiten | 28 Euro | 24.08.2021 |

Auf diese Bücher freut sich Britta

Theodor Wolff: Die Schwimmerin
Es klingt wie ein Roman aus den 1930ern voller Finesse, geschrieben von einem, der schreiben konnte – nicht umsonst war Wolff Chefredakteur des Berliner Tageblatts. Der Vorschautext selbst fasst es so zusammen: „Der »Roman aus der Gegenwart«, so der Untertitel, erzählt die Geschichte der Liebe eines älteren Mannes zu einer jungen Frau vor der Folie der politischen und wirtschaftlichen Erschütterungen der Epoche. Der Mann ist Bankier, Hedonist und ‚Mann ohne Eigenschaften‘ (nicht umsonst heißt er Ulrich), der sich aus allem raushält.“ Zu sehr erinnern mich diese zwei Sätze an unsere heutige Zeit. Leider. Ich bin gespannt.  | Weidle Verlag|360 Seiten| 25 Euro|September 2021|

Lydia Sandgren: Gesammelte Werke
Ein dickes Buch (immerhin über 900 Seite), ein Buch einer Schwedin, das in Göteborg, Paris und Berlin spielt, aber eben auch in der Kultur- und der Verlagswelt – das klingt alles viel zu passend für genau mich als Leserin. Enough said. Sold.  | Aus dem Schwedischen von Stefan Pluschkat und Karl-Ludwig Wetzig | Mare Verlag|912 Seuten|28 Euro|12.10.2021|

Anaïs Meier: Mit einem Fuß draußen
Und noch ein Debüt hat meine Aufmerksamkeit (auch dank des knallig grünen Covers) erhascht: Mit einem Fuß draußen geht es um einen Mikrokosmos, einen Stadtpark mit See, und um Gerhard, einen schrulligen Protagonisten, der einen Fuß findet. Das klingt so fabelhaft schräg und wunderbar, das kann doch eigentlich nur gut werden.  | Voland & Quist|128 Seiten|18 Euro|13.09.2021|

Antonia Bontscheva: Die Schönheit von Baltschik ist keine heitere
Ich glaube, ich bin noch nie literarisch nach Bulgarien gereist. Asche auf mein Haupt. Und dieser Familienroman klingt sehr danach, als könnte man wunderbar in ihn eintauchen, aber auch viel über das Land lernen. Aus dem Vorschautext: „Antonia  Bontscheva  erzählt  von  weiblichen    Prägungen    und    zupackenden    Frauen,  von  individuellen  Schicksalen  im  kommunistischen  Bulgarien  und  der  Wendezeit, von Migration und Selbstbehauptung.“  | Frankfurter Verlagsanstalt | 416 Seiten | 24 Euro |

Auf diese Bücher freut sich Julian

Arthur Koestler: Der Sklavenkrieg
Besonders freue ich mich auf eine anstehende Neu- bzw. Wiederentdeckung: Seit 2018 das verschollen geglaubte Manuskript zu seinem Roman Sonnenfinsternis in einem Züricher Archiv aufgetaucht ist, erlebt Arthur Koestler eine sehr erfreuliche Renaissance. Erstmals konnte man dieses legendäre Buch über die Stalinschen Säuberungen im Original lesen und war nicht auf Rückübersetzungen aus dem Englischen angewiesen. Im Herbst erscheint im Elsinor-Verlag ein weiterer Roman des 1983 im Londoner Exil verstorbenen Autors in der ursprünglichen deutschen Fassung: Der Sklavenkrieg, zuerst 1939 in englischer Übersetzung publiziert, erzählt die Geschichte des legendären Spartakusaufstandes. | Elsinor Verlag | 328 Seiten | 28 Euro | September 2021 |

Bas von Benda-Beckmann:  In Nach dem Tagebuch. Das Schicksal von Anne Frank und den anderen Untergetauchten aus dem Hinterhaus
Über Anne Frank, ihre Familie und Freunde meint man alles zu wissen, was natürlich nicht stimmt. Der niederländische Historiker Bas von Benda-Beckmann hat sich daran gemacht, einen noch immer dunklen Fleck der Geschichte auszuleuchten: In Nach dem Tagebuch. Das Schicksal von Anne Frank und den anderen Untergetauchten aus dem Hinterhaus geht er den Spuren der Verhafteten nach und unternimmt den Versuch, ihren Weg zu rekonstruieren. Der Band erscheint Ende August im Secession-Verlag. | aus dem Niederländischen von Marlene Müller-Haas | Secession | 450 Seiten | 25 Euro | 27.08.2021 |

Auf diese Bücher freut sich Alexander

Jessica Lind: Mama
Die Auflösung von Genregrenzen und die Auflösung der Grenzen zwischen Realitäts-, Traum- und Wahnebenen sind immer reizvoll für mich, besonders wenn sie kombiniert werden und das Thema auf formaler wie inhaltlicher Ebene verhandeln. Der Roman von Jessica Lind verspricht beides, vermischt alles noch mit einer Geschichte über Mutterschaft und Flucht vor der Zivilisation und kündigt einen besonderen sogartigen Genremix an. |Kremayr % Scheriau | ca 192 Seiten | 20 Euro | August 2021 |

Anna Kavan: Wer bist du?
Anna Kavan kennt man über den Verlag Diaphanes schon von ihrem Roman Eis. Sie hat als konventionelle Autorin begonnen und später immer experimentellere Literatur verfasst.
Damit, dass dieses Buch eine Art Übergang beschreibt, in dem sie während eines Auslandsaufenthaltes in Burma ihre Wandlung von Helen Emily Woods zu Anna Kavan durchmacht, behandelt es die Frage nach der Selbstwerdung durch Literatur. Und schafft laut Ankündigungstext „mit ihrer halluzinativen Prosa eine mehr als reale Innenwelt zu entwerfen“. | Diaphanes | 128 Seiten | 16 Euro | 4.10.2021 |

Joseph Ponthus: Am laufenden Band – Aufzeichnungen aus der Fabrik
Ponthus war zehn Jahre als Sozialarbeiter tätig und kommt dann mit einem Text der „sowohl Versroman als auch soziologische Studie über die Mechanismen der Fabrikarbeit und die moderne Sklaverei“ ist, auf dem Literaturmarkt in Frankreich an, wird in acht Sprachen übersetzt und erhält diverse Preise. Das klingt literarisch und thematisch extrem stark und bietet einige Anknüpfungspunkte für mein eigenes Leben, Schreiben und Arbeiten.
| aus dem Französischen von Mira Lina Simon | aus dem Französischen von Mira Lina Simon | Matthes & Seitz | ca 280 Seiten | 15,99 Euro | 02.09.2021

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